Erste Abiturprüfung geschafft
99 Abiturientinnen und Abiturienten des Egbert-Gymnasiums unterzogen sich am Mittwochmorgen im Fach Deutsch ihrer ersten schriftlichen Abiturprüfung. Da alle negativ auf das Corona-Virus getestet waren, konnte die Prüfung für alle gemeinsam in der Turnhalle stattfinden. Fünf interessante Aufgaben warteten auf die Prüflinge, eine davon durften sie auswählen.
Bei der Interpretation von Else Lasker-Schülers Gedicht „Das Lied“ ging es zunächst um Trauerbewältigung. Ein Klassiker wartete dann im Bereich der Drameninterpretation auf die Schüler, und zwar ein Auszug aus Schillers „Wilhelm Tell“. Ulrich von Rudenz hatte sich den österreichischen Unterdrückern angebiedert, um der umworbenen Bertha von Brunek zu gefallen. Er gesteht Bertha seine Liebe, um dann bestürzt feststellen zu müssen, dass sie ihn zwar auch liebt, aber auf Seiten der Schweizer steht. In diesem Wechselbad der Gefühle ruft er verzweifelt: „Bertha! Ihr zeiget mir das höchste Himmelsglück, / Und stürzt mich tief in einem Augenblick.“
In der dritten Aufgabe durfte ein weiteres Stück Weltliteratur interpretiert werden, ein Auszug aus Thomas Manns Roman „Die Buddenbrooks“. Der sensible, schüchterne Hanno sollte seinem Vater, dem Senator Thomas Buddenbrook, anlässlich des hundertjährigen Bestehens der Firma ein Gedicht aufsagen. Er scheitert kläglich und wird vom Vater gedemütigt – ein Fanal für den Abstieg der Lübecker Kaufmannsfamilie.
Bei den Auszügen aus dem Tell und den Buddenbrooks geht es unter anderem um klassische Geschlechterrollen und einen typischen Vater-Sohn-Konflikt mit der traditionellen Über- und Unterordnung. Insofern kann man die folgende Sachtextanalyse geradezu als Kommentar dazu verstehen: In dem Text bringt die Soziologin Teresa Koloma Beck ihre Hoffnung zum Ausdruck, dass diskriminierende Strukturen verändert werden, und zwar durch „sprachsensible Kommunikation“.
Bei der letzten Aufsatzart schließlich, der materialgestützten Argumentation, sollten die Chancen und Risiken der „Empörungsdemokratie“ abgewogen werden. Mit diesem Begriff bezeichnet der Medienwissenschaftler Bernhard Pörksen die Nutzung des Internets als Plattform für den öffentlichen Meinungsaustausch. Wahlweise konnten die Schüler das Thema als sachliche, dialektische Erörterung oder als pointierten Essay bearbeiten. Die Abiturienten am EGM waren nach der Prüfung müde, aber erleichtert. Sie beurteilten die angebotenen Themen als „insgesamt gut machbar“.
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